Am Heiligen Abend
Heilger Abend ist es wieder
Froh ertönen Weihnachtslieder
Lichtvoll sieht man jedes Haus
Aber dort im Häuschen kleine
Sieht man nichts vom Lichterscheine
Und kein Jubel kam daraus
Drinnen saß im Dämmerlichte
Gram und Kummer im Gesichte
Eine Mutter mit dem Kind
Die Gedanken ließ sie gleiten
Rückwärts in vergangne Zeiten
Und sie seufzte „armes Kind“
Deinen Vater hast verloren
Eher als du warst geboren
In sein Antlitz sahst du nie
Auf das Schlachtfeld zog er mutig
Aber dort im Kampfe blutig
Kam er um, man weiß nicht wie
Ob in fremder Erd begraben?
Ob sie ihn gefangen haben?
Ob er lebet?
Für uns tot!
Niemand will was von ihm wissen
Seit der Schlacht in Rußland dort
Wie sie so in ihren Sorgen
Kummer um den nächsten Morgen
Drang vom Nachbarhaus daneben
Lobgesang und Jubelleben
Lärmend an der Mutter Ohr
Und sie sah in lichtem Raume
Bei dem schönen Weihnachtsbaume
Eltern bei der Kinderschar
Und die vielen Weihnachtsgaben
Die sie aufgestapelt haben
Boten lustgen Anblick dar
Als der Knabe dies gesehen
Hub er an mit leisem Flehen
„Mutter, wo ist unser Baum?“
„Mutter, wo sind meine unsre Gaben“
„Wenn wir einst den Vater haben,
schmückt auch er mir einen Baum?
Ach, auf dieses Kindes fragen,
konnt die Mutter nichts mehr sagen
Kummer brach ihr fast das Herz
Seit der Vater fortgeritten
Kam die Armut hergeschritten
Und des Heimwehs bittrer Schmerz
Wär der Vater noch zugegen
Wär im Hause reicher Segen
Weihnachtsgaben, Weihnachtsschein
Aber ach, sie kanns kaum fassen
Einsam ist sie und verlassen
Mit dem Kinde ganz allein
Und sie legt den Knaben nieder
Kniet vor seinem Bettlein nieder
Schluchzend fleht sie inniglich
„Guter Gott sollt er noch leben
Willst du nicht den Vater geben
Meinem Kind? Erhöre mich!“
Während dort die Mutter betet
Flehend zu dem Heiland redet
Und im klagte all ihr Weh
Kam ein Mann mit müden Tritten
Auf das Dörflein zugeschritten
Und erblickt ers auf der Höh
„Wird Elisa wohl noch leben?“
Sprach er leise fast mit Beben
„Wird sie wohl noch Witwe sein?
Wird das Kind, das sie getragen
Schon zu einem andern sagen
Vater, liebster Vater mein“?
Oh, wie hats in ihm gewogen
Oh, wie hat es ihn gezogen
Zu dem Weibe zu dem Kind
Guter Gott, oh hab Erbarmen
Lass mich heute noch umarmen
Die mir meine Liebsten sind
Endlich steht er vor der Hütte
Geht mit leisem, sanftem Tritte
Zagend in sein eignes Haus
Vor der Türe bleibt er stehen
Horcht und hört sein Weibchen flehen
Länger hält ers nicht mehr aus
Er tritt ein ins kleine Zimmer
Sie, die betet hört es nimmer
Denn sie ringt gleich Jakob dort
Und er kniet an Ihrer Seite
Dankt und weint vor Schmerz und Freude
Wahrlich heilig ist der Ort
Laut ertönen Dankeslieder
Er hat seine Liebsten wieder
Sie den heißgeliebten Mann
Den Versorger, den Berater
Und der Knabe hat den Vater
Großes hat der Herr getan
Heilger Abend ist es wieder
Froh ertönen Weihnachtslieder
Lichtvoll sieht man jedes Haus
Aber dort im Häuslein kleine
Dort bei mattem Lampenscheine
Ist die Freude übergroß |